Erste Verhandlungsrunde ohne Angebot der Arbeitgeber

Die erste Verhandlung in der Tarifrunde für die rund 700 000 Beschäftigten in der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie ist am heutigen Freitag nach zwei Stunden ohne ein Angebot der Arbeitgeber zu Ende gegangen. Tanja Reum (BR-Vorsitzende der Firma IMA Schelling in Lübbecke) und Andreas Bilz (kommissarischer Geschäftsführer der IG Metall Minden) waren selbst vor Ort um sich ein Stimmungsbild zu machen (Foto).

Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer: „Wir haben in der Corona-Krise eine sehr verantwortungsvolle Tarifpolitik betrieben. Diese Verantwortung erwarte ich jetzt auch von den Arbeitgebern. Viele Menschen blicken mit großen Ängste und Sorgen in die Zukunft. Sie fordern soziale Sicherheit – und das heißt jetzt vor allem mehr Geld.“

Die IG Metall fordert eine Entgelterhöhung von 8 Prozent. Diese Forderung zeige, der IG Metall sei bewusst, dass Tarifpolitik nicht alleine eine kriegsbedingte Teuerungsrate ausgleichen könne. Giesler: „Neben der Politik haben aber auch die Sozialpartner ihren Beitrag zu leisten, dass die gesellschaftliche Spaltung nicht weiter zunimmt. Dass die Arbeitgeber dies heute ignoriert haben, enttäuscht und ist nicht förderlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Darüber hinaus sei es auch ökonomisch Unsinn, den privaten Konsum drastisch zu bremsen. In dieser Woche habe das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) Befragungsergebnisse veröffentlicht, nach denen immer mehr Menschen die hohen Energiepreise als schwere finanzielle Belastung empfinden und ihr Konsumverhalten deshalb deutlich einschränken. Giesler: „Wer sein Geld zusammenhalten muss, damit die Gasrechnung bezahlt werden kann, kauft keine Waschmaschinen oder Autos. Konsumverzicht gefährdet aber die wirtschaftliche Entwicklung. Der private Konsum ist momentan noch das Einzige, was die Wirtschaft am Laufen hält. Darum ist es entscheidend die private Kaufkraft jetzt nachhaltig zu stärken.“

Am Rande der Verhandlung nahm Luc Triangle, Generalsekretär von industriAll Europe an der Sitzung der Tarifkommission der IG Metall teil. Dort sagte er zu den rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern: „Mit unserer europäischen Kampagne „Gemeinsam. Handeln. Für höhere Löhne.“ wollen wir Arbeitgeber und politische Entscheidungsträger dazu drängen, die Lebenshaltungskostenkrise, die die Beschäftigten enorm belastet, zu lindern. Denn die Reallöhne schrumpfen, während die Dividendenausschüttungen schneller steigen als die Inflation. So ist die Dividendenausschüttungen im zweiten Quartal dieses Jahres um 15,5 % höher als im gleichen Quartal des Vorpandemiejahres 2019.“

Die industriAll European Trade Union vertritt 7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im verarbeitenden Gewerbe, im Bergbau und im Energiesektor in ganz Europa. Dem Verband gehören 181 Gewerkschaften aus 38 europäischen Ländern an.

Die zweite Runde der Tarifverhandlungen findet am 30. September in Neuss statt. Der Tarifvertrag läuft bis zum 30. September 2022. Ab dem 29. Oktober sind Warnstreiks möglich.